Zwischen Dankbarkeit und Zuckaus
Ich bin jetzt im Krankenstand bei meinen Eltern einquartiert. Nicht die beste Lösung, aber da ich jeden zweiten Tag ins Krankenhaus muss und nicht autofahren kann, war das die Zwischenlösung.
Und nicht falsch verstehen, ich bin ihnen echt dankbar dafür. Ich habe zwei Räume, und habe größtenteils meine Ruhe.
Mit meinen Papa geht's auch halbwegs. Da er in Rente ist, bringt er mich immer ins Krankenhaus, und Chapeau- er trinkt nichts davor. Das hab ich leider von ihm verlangen müssen, da ich diese Fahne nicht aushalte.
Sonst habe ich sehr wenig Kontakt zu ihm. Ich glaube, ihn freut es, dass ich mal mehr mit ihm rede als nur Hallo und Tschüss.
Meine Mama ist da ein anderes Thema.
Gestern bin ich mit einem mordsmässigen Muskelkater in den Waden aufgewacht.
Da ich mich seit dem Stand fast nicht bewegt habe, geschweige denn irgendwelchen Sport gemacht habe, habe ich lange überlegt, wo der hergekommen sein könnte.
Jetzt weiß ich es. Ich bin als Kind immer auf Zehenspitzen im Haus gegangen, aus Angst, dass ich meine Mama verärgern würde, wenn ich zu laut auftreten würde.
Das hab ich jetzt unterbewusst wieder übernommen. Mit 31 Jahren hab ich anscheinend noch immer die gleiche Angst wie als Kind.
Da ich ja nicht viel tun kann, versuche ich wenigstens alles zu machen, was mit einer Hand geht. Wäsche waschen, Wäsche aufhängen, zusammenräumen, staubsaugen, kochen. Aber Mama ist wie immer. Wenn ich die Wäsche aufgehangen habe, habe ich sie falsch aufgehängt. Wenn ich staubgesaugt habe, hab ich das Kabel falsch aufgerollt. Wenn ich das Geschirr wegräume, hab ich die Tassen nicht richtig gestapelt. Wenn ich koche, koche ich ihr entweder zu exotisch, zu salzig, zu mild, zu modern, zu altmodisch.
Wenn ich die Schuhe vors Haus stelle, sollen sie drinnen stehen, wenn ich sie drinnen hinstelle, hätten sie nach draußen gehört. Bei jeeeeeeder noch so kleinen Kleinigkeit bin ich nicht gut genug oder habe etwas nicht gut genug gemacht. Wenn ich nichts mache, bin ich ein faules Stück. Ich hasse es. Und es macht mich sooo wütend. Ein paar solcher Aussagen am Tag kann ich verkraften, es berührt mich gar nicht mehr richtig, da ich sie ja nur so kenne. Es war schon immer so.
Aber 100 x am Tag kritisiert zu werden, halte ich nicht aus. Spätestens um halb 5 kann ich sie nicht mehr sehen, meine Batterie für diesen Tag für diese Person ist aufgebraucht.
Und egal wie oft ich mir sage, dass sie Unrecht hat und sie eben so ist, irgendwann ist es genug in meinem Kopf.
Sie schreit auch täglich. Wenn nicht mit mir, dann mit meinem Papa. Irgendwas findet sie immer. Papa ist froh, dass ich da bin, weil es jetzt ja 2 Personen trifft und nicht nur ihn.
Und ihr Organ kann man nicht ausblenden. Es geht ins Mark. Aber wehe, man sagt etwas zu ihr. Wenn ich sage, sie soll mich nicht anschreien, geht sie sofort in die Opferrolle über und spinnt oder weint. Es ist so anstrengend mit so einer Persönlichkeit in der Familie.
Bei eben aller Dankbarkeit, freue ich mich echt wahnsinnig, wenn ich endlich wieder selbst fahren kann. Wenns hart auf hart kommt, geh ich die 20 km auch zu Fuß.
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