Nur noch eines

Es ist schon faszinierend,  wie das Gehirn sich immer wieder neue Wege suchen will, um sich selbst zu schaden.

Ich hatte ja längere Zeit mit Bulimie und Anorexie zu kämpfen. Unter uns, Bulimie ist da weit entspannter. Man muss zwar kotzen, aber dafür hat man das kurze Glücksgefühl,  wo man alles in sich rein stopfen kann. Bei der Anorexie hast du einfach nur Hunger. Immer. Jede Sekunde.

Jedenfalls hab ich beide Süchte hinter mir gelassen.  Nachdem ich aus der Reha entlassen wurde, kotzte ich zwar noch ein paar Monate, aber nicht immer und nur, wenn ich einen heftigen Fressflash hatte. Jaaa ich weiss, schönreden. Trotzdem war das bei Weitem nicht die schlimmste Phase und vergleichsweise "locker".
Seit ca 10 Monaten bin ich komplett frei, hab gute 10 Kilo zugelegt. Das war grade noch okay für mich, solange ich mich nicht wog. Wenn ich die Zahl auf der Waage (laut BMI noch im unteren Normalgewicht) las, kamen mir doch öfter die Tränen. Aber es war jetzt nicht soo schlimm. Das was ich in den 10 Monaten am meisten hasste, war definitiv, wenn mich jemand auf mein Gewicht ansprach. War zwar nett gemeint, mit : mah, endlich schaust wieder gesünder aus! , aber für mich war das trotzdem eine unsägliche Kritik an mich selbst und meine Kontrollsucht.
Deshalb kurze Info: NIEMALS die Zu-oder Abnahme eines Menschen kommentieren. Man weiss nie, was man damit anrichten könnte.

Jedenfalls bin ich dank einer durchtrennten Sehne jetzt mindestens sechs Wochen im Stand. Keine Arbeit, keine Struktur. Absolut zach. Da ich sehr damit hadere,  hat sich mein Hungergefühl ziemlich eingestellt. Und siehe da, die Waage zeigt 2 Kilo weniger. Was ist mir sofort in den Kopf geschossen? Hey, mach weiter! Komm schon, dann hättest du was zu tun! Du könntest was kontrollieren,  und du hättest Beschäftigung mit Kalorienzählen. Nur 5 Kilo, die hast ja gleich.

Und diese Stimme ist laut. Sehr laut.
Und so kommt zum altbekannten Suchtdruckbekämpfen nun auch das Bekämpfen dieser Stimme. Und das macht mich müde. Sooo müde.

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