Dolce Vita

Ich bin kein Mensch, der das Leben genießt.
Nicht als Kind, nicht als Teenager, nicht als Alkoholiker,  und leider auch jetzt nicht als nüchterne Person.

Ich glaube ehrlich langsam, dass mir da im Gehirn diese Windung einfach fehlt.

Nicht falsch verstehen, ich wünsche es mir nicht mehr sehnlichst zu sterben.
Aber wenn mir Gott (oder wer auch immer dafür zuständig ist) begegnen würde und sagen würde, dass ich mir aussuchen könnte zu leben oder zu sterben, ich würd zweiteres nehmen. Ohne lange nachzudenken. Und ich wäre erleichtert. Es wäre mir wirklich egal.
Nicht langsam und schmerzhaft,  sondern so zack-bumm-tot. Ich habe absolut keine Angst vor meinen Tod, dafür vor den anderen Personen umso mehr. Meine Mama, meine Schwester,  Nichte und Neffe. Wenn denen etwas passieren würde , wär mein Leben auch vorbei.

Ich empfinde das Leben als anstrengend. 
Als Kind war es anstrengend,  da ich nie wusste, auf welche Eltern ich mich einstellen musste. Die lustigen, fast liebevollen? Oder die streitenden, unglücklichen? Zweiteres war um einiges mehr vertreten als ersteres, aber die Hoffnung blieb ja immer.
Als Teenager fingen die bösen Gedanken langsam an,  als Alkoholikerin steigerten sie sich bis ins Unermessliche. Und jetzt? Jetzt bin ich 16 Monate trocken, habe eine gute Arbeit,  eine eigene Wohnung, gott sei dank keine Kinder und Freunde, ja, sogar einen festen Freund.
Und trotzdem empfinde ich das Leben noch immer als anstrengend und nein, ich bin nicht glücklich. Manche Momente schon, da denk ich mir sogar : hey, dir geht's gut! Aber das ist selten der Fall.
Ich versuche es wirklich.  Ich schreibe Dankbarkeitstagebuch, mache Achtsamkeitsübungen, kaufe mir unendlich viele Bücher, da ich es liebe zu lesen. Ich lese tausend Bücher über das Glücklichsein, Strategien um das Leben genießen zu können usw. Aber irgendwie stehe ich auf der Stelle.
Und das ist ein extrem beschissenes Gefühl. Ich habe ein schlechtes Gewissen denen gegenüber,  die sich mein Leben wünschen würden, aber ich kann es nicht ändern.
Ich warte oft, vor allem jetzt im Krankenstand,  das es endlich Abend wird und ich ins Bett gehen kann. Ich nehme oft Schlaftabletten während des Tages, einfach, um meinen Gedanken im Kopf kurz entfliehen zu können. 

Falls euch jemand sagt, dass - nur weil ihr plötzlich nüchtern lebt- das Leben euch wie im Himmel fühlen lässt. Das ist eine Lüge. Bei mir ist das definitiv nicht der Fall.
Es ist eine Menge Arbeit. Auch ohne Alkohol. 

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