Anders, aber auch besser ?

Heute habe ich in einem Forum was interessantes gelesen.
Eine Frau fragte, ob ihr alkoholkranker Mann nach dem Entzug denn wieder der empatische, nette, liebevolle Mensch wird wie vor dem Alkohol.

Das hat mich dazu gebracht,  mich mal selbst unter die Lupe zu nehmen.
Ich bin definitiv nach dem letzten Entzug und der Reha anders geworden. Das ist auch gut so, denn sonst hätte das Ganze ja nichts bewirkt. Aber besser bin ich nicht geworden. 
Ich bin ruhiger geworden, denke über viele Themen anders, und ja, ich bin auch empathischer geworden. Klar, mein Hirn ist nicht mehr auf Überlebensmodus eingestellt und ich kann meinen Mitmenschen richtig zuhören und auch ehrliches Interesse zeigen.

Ich kann auch viel besser Nein sagen, zwinge mich nicht mehr so oft zu Dingen, die ich eigentlich nicht mag, und grenze mich von Menschen ab, die mir nicht guttun. Das sind alles Dinge, die anderen böse aufstossen könnten. Früher hab ich es ja auch gemacht. Aber das ist für mich wichtig (bin noch im Lernprozess) denn sonst kann ich mir gleich wieder eine Flasche kaufen. 

Was mir negativ auffällt, dass ich gereizter bin. Jetzt habe ich kein Mittel mehr, um mich zu regulieren,  und muss es selbst versuchen. Gar nicht so einfach. Mein Fass ist ziemlich schnell voll. Das geht meinen Mitmenschen auch nicht so recht ein.

Ausserdem kommt die Wut öfter zum Vorschein.  Ich bin wütend, da ich mein komplettes Selbst ändern muss, um nicht mehr rückfällig zu werden. Die anderen können mit ihren schlechten Eigenschaften so weitermachen wie bisher.
Und ich bin wütend,  weil ich es nicht so schnell hinbekomme, mich zu ändern, wie ich es gerne hätte. Das regt mich echt auf. Du weißt theoretisch alles, was du tun musst, um glücklich trocken zu sein. Aber es praktisch umzusetzen,  finde ich echt oft sau schwer.

Also mich hat der Alkoholentzug verändert,  aber ich bin noch lange nicht da, dass ich sagen könnt: Gut, Doris. Jetzt bist du okay.

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